Die Anamnese beim Lipödem
Entgegen der früheren vorherrschenden Meinung, dass es beim Lipödem zu einer vermehrten Wassereinlagerung ins Gewebe kommt, weiss man heute, das es sich um eine Vermehrung von kleinen Fettzellen handelt.
Statt von einem Lipödem müsste man richtigerweise von einer schmerzhaften Fettzellvermehrung (Liphyperthrophia dolorosa) sprechen. Im Gegensatz zur Vergrösserung von Fettzellen durch kalorienreiche Ernährung (Adipositas) kann die Fettzellvermehrung nicht durch eine Diät beeinflusst werden. Diese leidvolle Erfahrung mussten schon viele Patientinnen machen.
Durch die Vermehrung der Fettzellen entsteht ein erhöhter Druck im Gewebe. Dies führt zu einer Stauung des Venen- und Lymphsystems. Da die Gefässwände vermehrt durchlässig sind, wird Gewebswasser in den Flüssigkeitsraum zwischen den Zellen abgepresst. Die Folge ist eine flüssigkeitsbedingte Schwellung in den betroffenen Körperabschnitten. Im Anfangsstadium wird die Flüssigkeit über Nacht wieder vollständig in die Blut- und Lymphbahn aufgenommen. Später wird es dauerhaft und trägt zu dem Gefühl des schweren Beines bei.
Missverhältnis von Ober- und Unterkörper
„Meine Beine passen nicht zu meinem Oberkörper“: Dies ist sicherlich der häufigste Satz, mit dem betroffene Patientinnen ihre Erkrankung beschreiben. Bei den meisten von ihnen besteht ein erhebliches Missverhältnis zwischen der kräftigen unteren Körperhälfte und einem oft zierlichen Oberkörper. Sind die oberen Extremitäten betroffen, dehnt sich das Lipödem meist an den Oberarmen aus, manchmal reicht es über den Unterarm bis an die Hände. Diese sind typischerweise ebenso wie der Knöchel- und Fussbereich nicht von der Gewebsvermehrung betroffen, man spricht dann auch von einem Fettkragen oder einem Flaschenhals.
Je nach Ausdehnung des Lipödem unterscheidet man einen Unterschenkel-Typ, einen Oberschenkel-Typ, einen Ganzbein-Typ und/oder einen Oberarmtyp. Dabei ist nicht abschliessend geklärt, ob die einzelnen Stadien ineinander übergehen können.